Offener Brief (Email) an den Baudezernenten der Stadt Köln

Köln, 06. Dezember 2013

Sehr geehrter Herr Höing,

bereits im Moderationsverfahren 2011 hatten die Teilnehmer des FHPD immer wieder darauf hingewiesen, dass die Präsentation des s.g. „Schinkenkessels“ in der geplanten Ufertreppe nicht seinem anerkannt hohen historischen und archäologischen Wert entsprechend geplant sei. Mit Unterstützung vieler Fachleute haben wir seitdem immer wieder Nachbesserung mit dem Ziel besserer Erlebbarkeit dieses einmaligen Bodendenkmals angemahnt. Nach Freilegung des Schinkenkessels, dessen Kern ja der unter Denkmalschutz stehende nordwestliche Eckturm des spätrömischen Kastells Divitia bildet, sehen wir uns in unserer Forderung bestätigt. Die hier in hervorrragendem Zustand vorgefundenene historische Substanz soll nun zum größten Teil in der neuen Ufertreppe verschwinden und wird zukünftig lediglich noch als Aussichtsbalkon wahrgenommen werden können. Ähnlich bzw. noch reduzierter sieht die Planung für den kaum 100 Meter entfernten mittelalterlichen Wehrturm der Grafen von Berg aus. In beiden Fällen sehen wir einen wenig verantwortungsvollen Umgang mit rechtsrheinischer Archäologie und Geschichte. Dabei könnte der neue Rheinboulevard durch eine stärkere und erlebbarere Integration der in großer Fülle vorhandenen Archäologie nur weiter an Attraktivität gewinnen!

Uns ist durchaus bewußt, dass es für Umplanungen im Bereich des Projektes „Rheinboulevard & Ufertreppe“ mittlerweile 5 vor 12 oder gar später ist. Dennoch möchten wir Sie dringend bitten, die Möglichkeiten der Nachbesserung im Bereich des Schinkenkessels und des mittelalterlichen Wehrturms zu prüfen, geht es hier unseres Erachtens doch um einen verantwortungsvolleren Umgang mit Archäologie und regionaler Geschichte durch Bewahrung und geeignete Vermittlung.

Beigefügt finden Sie als PDF eine kleine Bilddokumentation zum Thema „Schinkenkessel“.

Mit besten Grüßen

Thomas-Georg Tremblau  – Vorsitzender FHPD

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Neue Grabungen an Ufertreppe und Rheinboulevard

Neue archäologische Grabungen im Planungsbereich des Historischen Park Deutz

Ohne den Fortgang der Arbeiten an Ufertreppe und Rheinboulevard zu beeinflussen oder gar zu behindern gräbt das Römisch-Germanische Museum seit etwa drei Wochen in und unter der ehemaligen Eisenbahn-Drehscheibe am Deutzer Rheinufer.
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Köln, 09.12.2013 In Vorbereitung der Arbeiten für den neuen Rheinboulevard in Deutz unternimmt das Römisch-Germanische Museum dort z.Zt. wieder so genannte Notgrabungen. Das Denkmalschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen sieht solche Notgrabungen vor, wenn bei einem Bauvorhaben in archäologische Substanz eines Bodendenkmals eingegriffen werden soll.

Und genau in einem solchen eingetragenen Bodendenkmal liegt der südliche Teil der Ufertreppe und des zukünftigen Deutzer Rheinboulevards; im Bodendenkmal „Kastell Divitia“. Bereits in den Jahren 2010 und 2011 wurden hier im Vorfeld zum Bau der Hochwasserschutzmauer durch die Fachleute des RGM archäologische Untersuchungen durchgeführt, die sensationelle Funde aus 1700 Jahren rechtsrheinischer Stadtgeschichte ans Tageslicht brachten.
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Diese über Jahrhunderte erhaltenen steinernen Zeugen aus Römerzeit, Mittelalter, Barock und Neuzeit waren so spektakulär, dass sich nach Gründung der Bürgerinitiative BID (Vorgängerin des heutigen FHPD) auch Politik und Verwaltung der Stadt Köln mit ihnen auseinandersetzen mussten.

Es mussten Wege und Möglichkeiten gefunden werden, dieses einmalige archäologisch und historisch bedeutende Ensemble in die fertigen Pläne des Regionale 2010 Projektes „Rheinboulevard“ zu integrieren.

So wurde nach einem Beschluss des Stadtrates durch die Verwaltung der Stadt Köln im Jahr 2011 ein aufwendiges Moderationsverfahren „Rheinboulevard & Historischer Park Deutz“ ins Leben gerufen. An diesem Verfahren beteiligten sich anerkannte Wissenschaftler und Fachleute aus den Bereichen Denkmalschutz, Denkmalpflege und Stadtplanung, Vertreter von Vereinen und politischen Parteien und viele interessierte Bürger. Hierbei wurden viele interessante Ideen und umsetzbare Gestaltungsvorschläge entwickelt, die im Februar 2012 in einer umfangreichen Dokumentation veröffentlicht und Planern und Entscheidern zur Verfügung gestellt wurden. Leider sind diese Ergebnisse in den aktuellen Plänen für Rheinboulevard und Ufertreppe heute aber nicht oder kaum wiederzufinden.
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Bei den Grabungen des Römisch-Germanischen Museums von 2010 und 2011 zeigten sich die Archäologen immer wieder überrascht aufgrund der Fülle und der Qualität der gemachten Funde. So hatte man beispielsweise mit dem mächtigen und eindrucksvollen mittelalterlichen Wehrturm der Grafen von Berg oder dem guten Erhaltungszustand der vorgefundenen Reste von Alt St. Urban überhaupt nicht gerechnet.
Man kann gespannt sein, welche Überraschungen jetzt bei den derzeitigen Grabungen im Bereich der Eisenbahn-Drehscheibe zutage kommen werden. Zu vermuten ist, dass man dort u.a. auf weitere Grundmauern und Fundamente der ersten Deutzer Pfarrkirche  Alt St. Urban und dem dazugehörenden Pfarrfriedhof stoßen wird oder bereits gestoßen ist.

Auch sind in diesem Bereich natürlich wieder römische und fränkische Funde zu erwarten. Die Archäologie für den Historischen Park Deutz!